Inhaltsverzeichnis
Kaum ein Spiel sorgte für soviel Furore wie Cyberpunk 2077. Es löste vor dem Release einen enormen Hype, kurz nach dem Release eine Flut von Enttäuschung und Kritik sowie einen Monat nach Release eine Begeisterung über die gelungene Geschichte aus. Die Meinungen, welche nach dem Last-Gen Konsolen-Debakel weit auseinander klafften, nähern sich mittlerweile einander an. Die negativen Stimmen werden leiser, die Fans dafür umso lauter. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass CD Projekt Red mit den ersten Patches nicht lange auf sich warten ließ.
Mittlerweile soll sogar die Fassung der Last Gen Konsolen selten abstürzen. Okay, die Grafik ist noch nicht auf den eigentlich aktuellen Stand der Technik angepasst, aber das hält viele Spieler nicht davon ab das Spiel zu spielen. Denn bei all den Problemen bleibt Cyberpunk 2077 doch einiges erhalten und dieser Teil weiß zu begeistern. Für alle, die sich bezüglich des Erwerbs unsicher sind, soll diese ehrliche und spoilerfreie Review eine Entscheidungshilfe für oder gegen Cyberpunk 2077 sein!
Wichtig anzumerken ist hierbei allerdings dennoch, dass unser Test, die geschilderten Eindrücke, Einschätzungen und Erfahrungen allesamt auf der PC-Version beruhen, die im Vergleich zur Last-Gen Konsolen-Variante in allen Belangen um einiges besser abschneidet. Trotzdem werden wir an einigen Stellen kurz Bezug auf die Konsolenversion nehmen.
So immersiv ist die Welt von Cyberpunk 2077 wirklich
Die Welt von Cyberpunk 2077, in der wir sowohl das strahlende Night City als auch die trostlosen Badlands finden, ist schmutzig, dreckig und düster. Wer in dem Spiel eine reine und sterile Zukunftsversion, in der alles glänzt und die in perfektem Schneeweiß designt ist, erwartet, der wird jener Vorstellung definitiv nicht ins Auge blicken. Night Citys Straßen sind voll mit Müll.
Dieser liegt nicht nur lose in der Form von rücksichtslos weggeworfenen Plastikverpackungen auf dem Boden, man findet ihn auch Säckeweise auf den Straßen, Dächern, Fluren und sogar in der freien Natur der Wüste. Teilweise stoßen wir auf mit Müllsäcken gefüllte Gewässer wie Flüsse und Seen, sowie einen überdimensional großen Kreisverkehr, in dessen Mitte ein Müllsackberg thront.
Selbstverständlich gibt es in Night City auch eine riesige überfüllte Müllhalde, doch diese scheint – traut man dem Blick auf den Rest der Stadt – nicht regelmäßig beliefert zu werden. Außerdem ist in der Metropole wenig Platz für Schönes. Eine Parkanlage wie New Yorks Central Park gibt es ebenso wenig, wie Besucher bei Night Citys Variante des Santa Monica Piers. Zwar gibt es etwas, dass dem Pacific Park (Vergnügungspark in Los Angeles am Santa Monica Pier) ähnelt, doch ist besagte Anlage völlig ausgestorben und verwahrlost. Wenig überraschend finden wir auch hier Night Citys größte Ressource – wenn man es so nennen möchte – zuhauf: Müll.
Selbstverständlich besteht die Stadt nicht nur aus Dreck und Trostlosigkeit. Es gibt äußerst viele strahlende Reklametafeln, welche auch bei Nacht die Schlafzimmer der Bewohner erhellen. An jeder Ecke – sogar an Imbissbuden, in Aufzügen oder in Hausfluren – gibt es Bildschirme, auf denen permanent lautstark vertonte Werbung läuft.
All diese dreckigen und rustikalen Details sind nicht nur Eigenschaften des literarischen Cyberpunk Genres, sie schaffen auch die perfekte Atmosphäre. Mittels jenen Drecks können wir in der First-Person-Perspektive wirklich fühlen, wie es ist in dieser Stadt zu leben. Sauber und ordentlich ist es nur da, wo das Geld herrscht. Die Konzerne sind privilegiert und der Rest der Menschheit scheint wertlos. Megagebäude um Megagebäude sind Menschen bis zum 23. Stockwerk in Ein-Zimmer-Wohnungen gequetscht.
[adinserter block=“4″]
Platz für Privatsphäre, Ruhe und die freie Entfaltung der Individualität gibt es in Night City nicht, wenn du kein reicher Konzern bist. Dein Leben hat nur den Sinn, EuroDollar für neue Optimierungen aus Chrom zu verdienen, um damit dann eventuell zukünftig mehr Geld für noch bessere Cyberware zu haben. Du lebst dort am Existenzminimum mit Existenzangst und verfolgst den großen Traum dieser Blase aus Dreck eines Tages zu entkommen. Da dieses Gefühl, die Art des Lebens durch die Gestaltung der Stadt eingefangen und gespürt werden kann, wirkt das gesamte Spiel unglaublich immersiv. Dabei hilft meiner persönlichen Meinung nach vor allem die bereits erwähnte First-Person- Perspektive (FPP), da wir uns durch diese wirklich mitten im Dreck befinden.
Dieses Gefühl schaffte beispielsweise weder ein Grand Theft Auto IV (4) noch V (5). Beide Spiele wurden zuletzt gerne mit Cyberpunk 2077 verglichen, obwohl sie wegen des völlig anderen Genres und Settings eigentlich kaum vergleichbar sind. Der Blick auf die Immersion zeigt dies, da GTA kein RPG ist und trotz Müll auf den Straßen nicht denselben Effekt mit jener Verschmutzung erzielt, wie Cyberpunk 2077 es schafft. Da dies höchstwahrscheinlich aber auch nicht Rockstar Games Anspruch war, sind die Titel – wie wir bereits erwähnten – kaum vergleichbar, weshalb wir dies in dieser Review auch nicht tun werden.
Deshalb stört uns auch nicht das Fehlen von Friseuren, Tuning-Werkstätten, Minispielen an Spieleautomaten und all das, was die Community derweil sonst noch so vor dem Release des ersten DLCs forderte. Apropos: Genauso unwillkommen wie jene Vergleiche zwischen völlig unterschiedlichen Spielen sind auch wir als „V“ in Night City. Jeder Passant, dem wir über den Weg laufen oder mit dem wir versuchen zu interagieren, versuchen zu sprechen, begegnet uns mit purer Unfreundlichkeit. Auch das unterstreicht die gefühlte Depression der Menschen, welche Hand in Hand mit dem Egoismus jedes einzelnen Bürgers geht, der lediglich an seine eigene Optimierung und an EuroDollar denkt.
Für uns zählt auch dies zu den Umständen, die das Erlebnis in Night City so unglaublich immersiv machen. Wir tauchen bei jedem Spielstart auf’s Neue vollkommen in die stimmige Welt von Cyberpunk 2077 ein. Diese Leistung CDPRs müssen wir einfach anerkennen.
Immersionsbruch durch Bugs
Doch so gelungen und immersiv das Spiel auch ist, es besitzt, wie alles von Menschenhand geformte, Fehler. Die meisten dieser Fehler sind unbedeutende Bugs, doch manche können – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – für Frust sorgen.
So mussten wir beispielsweise innerhalb einer Hauptstory Mission zwischen zwei wichtigen Videosequenzen zu einer Person laufen und mit dieser sprechen, jedoch Fehlte jene Person zur vorgegebenen Uhrzeit am vorgegebenen Ort. Wir luden den letzten Speicherstand und siehe da, die Person war anwesend und die Mission ging weiter. Manchmal fehlte auch lediglich der Wegpunkt, doch muss man eine einzelne Person erstmal erfolgreich ohne besagte Markierung finden.
Hardcore-RPG-Spieler könnten sich durch Bugs wie diese in der Immersion gestört fühlen. Zu erwähnen sei allerdings, dass das Spiel regelmäßig automatische Speicherpunkte erstellt, wodurch auch innerhalb einer Mission problemlos neu geladen werden kann, wie wir es im obigen Beispiel taten. Dies behob bei uns fast jeden noch so kleinen Fehler. Trotzdem muss man sich als Spieler daran gewöhnen, dass manchmal ungewöhnliche Dinge zu sehen sind. Gelegentlich fallen Autos vom Himmel, KIs überfahren in Videosequenzen andere KIs und seltener explodieren sogar Requisiten im Hintergrund.
[adinserter block=“5″]
Bei den meisten jener Bugs begannen wir, losgelöst von der teils tragischen und dramatischen Story, zu schmunzeln. Fehlerfrei wäre alles natürlich schöner, aber wir fanden uns durch die Fehler nicht zwangsläufig gestört. Sie wirkten eher wie kleine Effekte am Rande, die die Stimmung lockern und dabei selten eine Strahlkraft besaßen, die uns aus der Immersion riss. Diesbezüglich muss aber jeder selbst entscheiden, ob dies als störend empfunden wird. Für uns ist dies zu nichtig, als das wir deshalb von einem Kauf (der PC-Version) abraten würden.
Schwächt die Umsetzung das vielseitige Kampfsystem?
Als nächstes blicken wir auf das Gameplay, das für viele einen der wichtigsten Faktoren bei Spielen darstellt. Deshalb wollen wir auch gar nicht lange um den heißen Brei herum reden. Wir sind von dem Gameplay überzeugt. Als jemand der kompetitive First-Person-Shooter spielt, stellte mich das Waffenverhalten und generell das Kampfsystem mit Schusswaffen zufrieden. Es wirkt weder schwammig noch träge. Auch die einstellbaren Empfindlichkeiten sind gut umgesetzt. Es kam in der Vergangenheit vor, dass wir die Umsetzung jener Einstellungen bei anderen Titeln bemängelten, doch diesmal ist es akzeptabel.
Es ist durchaus möglich seine persönliche Einstellung zu finden. Insgesamt erzeugt der Umgang mit Schusswaffen in Cyberpunk 2077 Freude. Dieses Gefühl wird durch verschiedene Waffentypen noch verstärkt. Dabei ist es dem Spieler selbst überlassen, ob er gezielt Querschläger mittels Powerwaffe nutzt oder ob er doch lieber mit einer Tech-Waffe durch die schützende Deckung hindurch schießt. Natürlich sind auch die Smart-Waffen nicht zu vergessen, welche automatisch einen Gegner anvisieren. Feuert man hiermit im richtigen Winkel auf den Widersacher, erwischt man ihn mit einer stark gebogenen Flugkurve, bei der sich das Projektil von oben oder von der Seite nähert, sogar hinter einer Deckung.
Doch das Kampfsystem hört bei Schusswaffen noch lange nicht auf. Wir finden Klingenwaffen wie Katanas und stumpfe Gegenstände wie Baseballschläger, können mit (verstärkten) Fäusten im Nahkampf antreten, die in etlichen Trailern gezeigten Mantisklingen und andere Cyberware nutzen und Granaten werfen.
[adinserter block=“6″]
Für Stealth-Fans gibt es auch ausreichende Möglichkeiten Widersacher lautlos auszuschalten. Ergänzend gibt es die sogenannten Netrunner-Fähigkeiten, mit denen „V“ die Cyberware der Gegner „hackt“, wodurch beispielsweise Fehlfunktionen des Gehörs, der Augen oder der Synapsen verursacht werden können. Hat man diesbezüglich seinen favorisierten Weg gefunden, gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese per Skillung zu optimieren.
Hierfür stellt das Spiel eine für unseren Geschmack große Auswahl bereit. Möchtet ihr beispielsweise mit einem Katana kämpfen, findet ihr unter dem Attribut „Reflexe“ den Skillbaum „Klingen“, wodurch diese Art des Kämpfens effektiver wird.
Ausführliche Informationen über den Skillbaum „Klingen“ sowie über jeden anderen könnt ihr in unserem Cyberpunk 2077 Attribute Guide nachlesen:
Cyberpunk 2077: Der große Attribute Guide – Das solltet ihr skillen
Losgelöst vom Kämpfen ist das Fahren mit Autos und Motorrädern ein nicht zu unterschätzender Teil des Spiels. Das Fahrverhalten fühlt sich, obwohl wir Cyberpunk 2077 am PC mit Maus und Tastatur spielten, gut an. Es ist keine Rennsimulation Gran Turismo, Asseto Corsa oder Project CARS und auch kein Arcade-Rennspiel wie Need for Speed, aber für ein in der First-Person-Perspektive stattfindendes RPG fährt es sich durchaus akzeptabel. Auch hier spielten wir schon deutlich Schlimmeres, aber auch Besseres.
Die Probleme der Last-Gen-Konsolen
Bei all dem Lob dürfen wir natürlich nicht vergessen, dass Cyberpunk 2077 auf den Last-Gen-Konsolen durchaus als unspielbar galt. Es wirkte nicht fertig und zwang CD Projekt Red sogar dazu, Rückerstattungen anzubieten.
Das Spiel stürzte fast schon regelmäßig ab, die Grafik war – verglichen mit anderen Last-Gen-Titeln – eine Katastrophe und Jahre zurück, die Ladezeiten waren heftig und all dies verschweigt noch, dass Spieler teilweise Minuten bei einem Standort (bei dem sie beispielsweise eine Mission starten wollten) warteten, da die Spielwelt an jenem Ort zunächst laden und rendern musste, ehe weitergespielt werden konnte.
Zu diesem Zeitpunkt akzeptierten die Leidtragenden bereits, dass bei Stadtrundfahrten permanent mit massiven Frameeinbrüchen gerungen wurde. Dies zwang Sony laut eigener Aussage dazu, dass sie das Spiel aus dem PlayStation Store entfernten, da sie ihre treuen Kunden vor dem Kauf schützen wollten.
„SIE (Anm. d. Red.: Sony Interactive Entertainment) ist stets bestrebt, eine hohe Kundenzufriedenheit zu gewährleisten. Deshalb bieten wir ab sofort allen Spielern, die Cyberpunk 2077 im PlayStation Store gekauft haben, eine vollständige Rückerstattung an. Außerdem wird SIE Cyberpunk 2077 bis auf Weiteres aus dem PlayStation Store entfernen.“
Okay, dass Sony jedes noch so kleine Update für jedes noch so kleine Spiel auf die Funktionalität testet, weshalb DLCs und Hotfixes beispielsweise in kompetitiven Spielen regelmäßig Stunden oder sogar Tage nach der PC Veröffentlichung erst auf PlayStation erscheinen, lässt vermuten, dass sie diesen enorm gehypten AAA-Titel ebenfalls testeten und trotz der Probleme in ihrem Store zum Kauf anboten.
Aber es wirkt natürlich viel ehrenvoller, wenn gesagt wird, dass man seine Kunden schützen wolle, als wenn man ehrlich ist und sagt, dass man sich erstens aus der Affäre ziehen möchte und zweitens, dass man CD Projekt Red dafür einen auswischt, dass diese den Last-Gen-Spielern und -Käufern ihres auf jener Konsole kaputten Spiels die Möglichkeit gaben, Cyberpunk 2077 zu reklamieren und das gezahlte Geld zurückerstattet zu bekommen.
Also sind wir mal ganz ehrlich: Das Spiel war auf Last-Gen enttäuschend, doch arbeitet CDPR mit Hochdruck an Behebung der Probleme. Dies zeigten bereits mehrere große Hotfixes, weitere Patches sollen in Kürze folgen.
Cyberpunk 2077: So geht es mit dem Spiel weiter – Roadmap 2021
Viele Last-Gen-Spieler berichteten in den sozialen Netzwerken trotzdem davon, wie gelungen sie Cyberpunk 2077 fanden und weiterhin finden. Erging es einem anders, konnte man es bis Ende Dezember 2020 reklamieren und alles war gut. Man darf gerne enttäuscht sein und nicht jedem muss ein Spiel gefallen, Bashing und Hate den Entwicklern gegenüber ist trotzdem nicht angebracht und die Spielchen der Konzerne (Sony & CDPR) untereinander sind für unsere Bewertung ebenfalls irrelevant.
[adinserter block=“7″]
Auch die „Enthüllungen“ des kursierenden Bloomberg-Artikels beeinflussen nicht, wie wir das Spiel spielten und empfanden. Fakt ist, dass Cyberpunk 2077 auf den Last-Gen-Konsolen zwar stetig besser und spielbarer wird, dort allerdings immer noch ein Risikokauf ist. Wer nicht auf die Next-Gen-Version (die nach wie vor 2021 erscheinen soll) warten oder umsteigen möchte, muss letztendlich selbst entscheiden, ob er trotz der noch nicht optimalen Performance Spaß mit dem Spiel haben kann.
Wer sich bei dieser Entscheidung noch unschlüssig ist, sollte den Abschnitt bezüglich der Hauptstory abwarten, bei welcher wir die Handlung, die Charaktere, ihre Entwicklung innerhalb der Geschichte und die Enden spoilerfrei bewerten. Zunächst muss allerdings der Vollständigkeit halber kurz auf die PC Fassung eingegangen werden. […]
Hier lest ihr Teil 2:
Das Gesamtwerk Cyberpunk 2077: Ein ausführliches Review (Teil 2)
Über Cyberpunk 2077
Mit Cyberpunk 2077 ist am 10. Dezember 2020 nach mehreren Verschiebungen das nächste große Spiel von CD Projekt RED erschienen. Nach dem großen Erfolg von The Witcher 3 entführt euch das neue Game in eine schillernd-düstere Science-Fiction Welt. Cyberpunk 2077 ist ein Open-World-Action-Adventure, das dem Spieler große Freiheiten und eine komplexe Charakterentwicklung bietet.
Mit acht Millionen Vorbestellungen verteilt auf die Plattformen PC (Epic, Steam, GOG), PlayStation (PS4, PS5) sowie Xbox (One X, Series X/S) ist dem Entwickler und Publisher einer der größten und bedeutendsten Spiele-Launches aller Zeiten geglückt. 2021 sollen diverse Inhaltserweiterungen sowie eine optimierte Next-Gen Version folgen.
Mehr zu Cyberpunk 2077 findet ihr hier.