The Wandering Village: Städtebautrip auf dem Dinorücken

Mit The Wandering Village befindet sich aktuell eine besonders charmante Städtebausimulation in der Entwicklung. Am 14. September 2022 brachte der zehnköpfige schweizer Indie-Entwickler Stray Fawn Studio (Nimbatus, Niche) das Spiel auf Steam in den Early Access. Seitdem können die Spieler fleißig an ihren wuseligen Städten bauen. Auch die Entwickler sind mindestens genauso emsig dabei, den Titel in die Vollversion zu bringen.

Das Spiel wurde durch eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne verwirklicht. Auf Steam bewerten knapp 3000 Nutzer das Spiel als „sehr positiv“.

Das wandernde Dorf

Auf dem Rücken einer monströsen Kreatur, die ein wenig an einen flügellosen Drachen oder Dino erinnert, begibt sich eine Handvoll überlebender Siedler auf einen ungewöhnlichen Trip durch eine dystopische Welt. Ein bisschen erinnert die Backgroundstory an den Ghibli-Anime Nausicaä aus dem Tal der Winde. Ein gefährlicher Pilz hat die Welt befallen und vergiftet die Menschen mit seinen tödlichen Sporen. Um den verseuchten Gebieten zu entfliehen, bestreiten die Siedler ein symbiotisches Leben mit dem vierbeinigen Wesen Onbu, welches unermüdlich durch die Landschaft zieht.

The Wandering Village Trailer:

City-Builder mit einem Kniff

Grundsätzlich handelt es sich bei The Wandering Village um eine klassiche Städtebausim. Ihr fangt quasi mit nichts an, sammelt Ressourcen, errichtet zunächst einfache Zelte, legt Felder an und treibt eure Forschung voran. Mit der Zeit werden weitere Gebäude und Technologien freigeschaltet.

Das Dorf baut ihr im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Rücken von Onbu. Euer wandernder Kumpane bietet euch dafür auf seinem grasbewachsenen Rücken-Plateau genügend Fläche. Diese ist zwar begrenzt, immerhin gibt es dort aber auch Steine und Bäume.

Mit der Zeit errichtet ihr ein prächtiges Dorf.
Mit der Zeit errichtet ihr ein prächtiges Dorf.

Das besondere an The Wandering Village sind die unterschiedlichen Perspektiven. Während die Kamera sich zwar nicht drehen lässt, könnt ihr aber frei an das Geschehen heranzoomen. Fahrt ihr weit genug weg, dann schaltet das Spiel in die Onbu-Ansicht. Hier könnt ihr dem Wesen mit der Zeit verschiedene Befehle erteilen, um beispielsweise zu laufen, zu schlafen oder zu fressen. Über neue Gebäude könnt ihr auch weiter mit Onbu interagieren, ihn pflegen, mit Essen und Medikamenten versorgen oder ihn streicheln.

In der Onbu-Ansicht könnt ihr euch um euren Gefährten kümmern.
In der Onbu-Ansicht könnt ihr euch um euren Gefährten kümmern.

Das ist auch unbedingt notwendig, denn eure Siedler kommen nur im Einklang mit Onbu voran. Die Welt um euch herum ist nämlich sehr feindlich. Dort gibt es Giftwälder, gefährliche Stürme und verschiedene unwegsame Biome wie Dschungel, Wüste und Schneelandschaft. Um euren Weg zu verfolgen, gibt es die Weltkarten-Ansicht. Dort seht ihr den kleinen Onbu durch die Landschaft stampfen. Habt ihr bereits einen Hornbläser, dann könnt der Kreatur mitteilen, welchen weg sie an Wegkreuzungen einschlagen soll. Aber Vorsicht: kümmert euch gut um Onbu, sonst widersetzt er sich eurer Bitte.

Auf der Weltkarte seht ihr, wohin die Reise als nächstes geht.

 

Nicht alles wächst und gedeiht

Die Biome haben auch direkten Einfluss auf euer Dorf. So beeinflussen Hitze und Kälte den Wachstum eurer Pflanzen. Ihr müsst eure Landwirtschaft also an die Umgebung anpassen, in der ihre euch gerade befindet – sonst werden die Nahrungsmittel knapp. In der Wüste braucht ihr Kakteen, damit euch das Wasser nicht ausgeht – hier funktionieren die Luftbrunnen nicht. Wird es sehr kalt, gibt es nur wenig Pflanzen, die den widrigen Umständen trotzen können.

Habt ihr bereits Kundschafter, dann könnt ihr diese auf der Weltkarte losschicken, um Ressourcen zu sammeln. Dafür gibt es verschiedene Orte wie Wälder, Felsformationen und Dorfruinen. In Letzteren findet ihr vielleicht ein paar Siedler, die sich euch anschließen. Nur so und durch die ab und an herumstreunenden Nomadengrüppchen könnt ihr euer Dorf mit Leben füllen. Wichtig sind auch die Schreine, die ihr erkunden könnt. Sie bringen euch „Wissen“, welches ihr zur Erforschung weiterer Technologien benötigt.

Landwirtschaft ist ein wichtiger Baustein zum Überleben.
Landwirtschaft ist ein wichtiger Baustein zum Überleben.

Simulation und Management

Wie in den meisten City-Buildern üblich, habt ihr auch in The Wandering Village die Möglichkeit, jederzeit verschiedene Statistiken und anderes Zahlenwerk anzuschauen. Das ist übersichtlich und auf wesentliche Werte begrenzt, so erhaltet ihr jederzeit einen Überblick darüber, wie euer Micromanagement läuft: sind Siedler krank, wie viele haben Hunger und wie gut ist die Wohnsituation.

Während die meisten Funktionsgebäude eine bestimmte Anzahl an Arbeitern brauchen (hier könnt ihr meist unterschiedlich viele Siedler zuweisen), gibt es auch ein Jobsystem. Ihr müsst also immer versuchen, möglichst genügend „Personal“ bereitzuhalten, um alle anfallenden Aufgaben wie Ernte, Transport und Bauarbeiten abzudecken. Mit dem „Alleskönner“ bekommt ihr alternativ auch einen flexiblen Arbeiter.

Das Interface informiert euch jederzeit über die wichtigsten Daten eurer Siedlung.

Im Einklang mit der Natur

Ihr werdet irgendwann an einen Punkt kommen, an dem ihr euch entscheiden müsst, wie sehr ihr euer Umfeld und auch Onbu selbst ausbeutet. So könnt ihr ihm Gallensaft oder Blut entziehen, um schneller voranzukommen – dies schadet aber eurem Vertrauensverhältnis. Kümmert euch hingegen gut um Onbu und schont ihn, dann bleibt er gesund und munter. Zieht ihr ihm einen Steinstachel aus dem Rücken, dann wird er sich beklagen.

Ihr müsst stets die Gesundheit von Onbu im Blick behalten und zur Not den Onbu-Arzt konsultieren, der kann eurem großen Freund auch notwendige Medizin verabreichen.

Sterben die Siedler oder Onbu, dann ist die Runde vorbei. Besonders gefährlich sind hier die großen Giftwälder. Durchstreift ihr sie, dann wachsen auf Onbus Rücken gefährliche Pilzpflanzen, die sich ausbreiten. Diese solltet ihr schnellstmöglich abbauen oder die Dekontaminatoren losschicken. Sie haben einen Schutzanzug und einen Flammenwerfer und helfen euch, die Seuche loszuwerden.

Mit Feuer lassen sich die giftigen Pflanzen am besten bekämpfen.

Schwierigkeitsgrad

Je nachdem, wie erfahren ihr mit Städtebausimulationen seid, kann das Spiel durchaus anspruchsvoll sein. Oft kommt es auf das richtige Timing an. Vor allem müsst ihr aber stets den Überblick über eurer Dorf und seine Ressourcen haben. Wo wird es knapp, wo könnte es bald knapp werden? Und was passiert, wenn wir ins nächste Biom stapfen. Vorausschauendes Handeln hilft euch, möglichst weit zu kommen.

Beginnt ihr eine neue Session, dann habt ihr die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsstufen (Neuling, Erfahren, Veteran). Bei der einfachen Variante hilft euch der alte Dorfvorsteher, der euch das Spiel erklärt. Er wird euch bis zu einem gewissen Punkt begleiten, bis ihr dann schließlich alleine zurechtkommen müsst.

Auf diesem Bildschirm seht ihr die verschiedenen Forschungen.

Die anderen beiden Schwierigkeitsstufen sind entsprechend härter und werden euch mehr fordern. Alte City-Builder-Hasen sollten vielleicht gleich hier einsteigen, denn wer häufig solche Spiele spielt, könnte sich sonst etwas unterfordert fühlen. Die Stufen Erfahren und Veteran lassen sich übrigens individuell einstellen.

Fazit – Wie lebt es sich so auf Onbu?

Unser erster Durchlauf im Early Access auf der einfachen Tutorial-Stufe hat uns rund 8 Stunden beschäftigt gehalten. In 275 Tagen sind wir knapp über 2000 Kilometer durch die Landschaft gewandert. In dieser Zeit haben wir alle bereits ins Spiel integrierten Forschungen abgeschlossen (ungefähr 40) und 145 Siedler von unserem Dorf überzeugt.

Dabei haben wir durch große Giftwälder zwei wirklich verheerende Pilzbefälle überlebt – hier mussten wir alle Arbeiter abziehen, um die verseuchten Pflanzen zu entfernen. Bis fast zum Schluss haben wir mit Nahrungsmitteln gekämpft und haben die ein oder andere Hungersnot durchgemacht. Insgesamt sind rund 30-40 Siedler an Vergiftung oder Hunger gestorben und die Stürme haben mehrfach etliche Gebäude eingerissen. Quasi unantastbar waren wir dann aber erst nach den rund 8 Stunden Spielzeit – mit etwas mehr Spielerfahrung geht das aber sicherlich auch schneller.

Nur zusammen mit Onbu könnt ihr der gefährlichen Umgebung trotzen.

Grafisch und musikalisch haben die Entwickler alles richtig gemacht. Der putzige Comicstil sieht stimmig aus und ist übersichtlich. Die musikalische Untermalung trägt zur Atmosphäre bei und ist unaufdringlich. Gleiches gilt für die Soundeffekte – besonders Onbu ist hier sehr gelungen.

Wir haben bereits jetzt eine spannende Zeit mit The Wandering Village gehabt. Durch die verschiedenen Schwierigkeitsstufen dürften hier die meisten Spieler die richtige Herausforderung finden. Bis zum Release würden wir uns noch ein paar mehr Inhalte und ein richtiges Endgame wünschen – auch wenn das Tutorial zusammen mit dem Dorfältesten bereits Spaß gemacht hat.

Wer einen nicht zu komplexen City-Builder sucht, Lust auf eine neue (bewegte) Perspektive hat und auf den Ghibli-Charme steht, der ist bei The Wandering Village auf jeden Fall gut aufgehoben.

So geht es weiter

Stray Fawn Studio hat bereits eine Roadmap für das Spiel veröffentlicht. Diese ist zwar bereits auf August 2022 datiert, hier werden aber schon ein paar der geplanten Erweiterungen angeteasert. Demnach könnt ihr euch auf neue Biome (Wasser, Ruinen), neue Orte, weitere Ereignisse und neue Gebäude freuen. Außerdem soll es zähmbare Vögel und einen fliegenden Händler geben. Der Skin von Onbu soll sich ebenfalls anpassen lassen.

Für die Zukunft soll zudem noch Controller- und Steam Deck-Support folgen und eine Xbox-Version ist bereits geplant.

Die Entwicklung wurde durch eine Kickstarter-Kampagne finanziert.
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Alexander Panknin
Alexander Pankninhttps://www.gaming-grounds.de/
1985 geboren. Mit Doom, Quake und SNES aufgewachsen. War selbst in der Indiegames-Szene aktiv und schreibt nun auf gaming-grounds.de über seine große Leidenschaft: Videospiele.
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